23.7.2020 Biksti LV (Tag 51, 3’064km)

24.56km, 89hm, 1:42h, 15°

Ging wieder ziemlich lange am Morgen, bis ich mein Camp ohne Regen zusammenpacken konnte. Da ich immer noch auf der Bremse stand bis Riga gab es aber nur eine kurze Etappe. Nach 2x wild camp und 1x Campingplatz war wieder einmal ein Hotel dran.

Zeitvertreib bis aufhört zu regnen
endlich kurze Aufhellungen, aber im Hintergrund brodelt sich schon wieder etwas zusammen
Jeder kurze Sonnenschein wird ausgenutzt

Nach schlappen 25km, wenn auch nicht ganz einfachen, checkte ich früh im Hotel Dzirnavinas in Biksti ein und genoss im gemütlichen Café gleich nebenan den Nachmittag und Abend.

Übrigens haben mir Karolina und Aleksander noch geschrieben, die Gastgeber in Polen, die sind jetzt unterwegs an die Baltische See. Und das mit einem bleischweren Tandem aus den 70ern und den beiden Kindern und Hund! Unfassbar.

Ein Fahrrad für 4 Personen und 1 Hund

22.7.2020 Auce LV (Tag 50, 3’039km)

54.32km, 186hm, 4:10h, regen und sehr windig, kühl 12°

Die ganze Nacht und auch am Morgen regnete es immer wieder. Erwacht, ok regnet noch, weiterschlafen. Ich schlief dann noch bis 10 Uhr weiter bis es endlich aufhörte. Sofort aufstehen, alles zusammenpacken, wenn auch nass und sofort los. Kaffee gibt es dann unterwegs.

Es sah schon wieder sehr düster aus und nach ca. 40 Minuten fand ich einen Unterstand mit Tischen und Bänken. Kurze Zeit schüttete es auch schon. Erst mal Kaffee und Tagebuch schreiben. In diesem Unterstand blieb ich fast 2 Stunden, da es nicht mehr richtig aufhören wollte. Und dieser Wind! Irgendwann hörte es auf und ich fuhr endlich weiter. Bei Regen loszufahren ist viel schwieriger, als wenn es anfängt zu regnen wenn du bereits unterwegs bist.

Kurze Zeit später kam ich zur litauisch-letischen-Grenze und ab da wurden die Strassen massiv schlechter. Alles Schotterpiste. Diese wären unter normalen Umständen auch kein Problem zum fahren, aber bei dem Regen sind diese extrem durchnässt und obendrauf ziemlich schlammig. Durchschnittsgeschwindigkeit 8-10km/h, da kommst du nicht weit.

Das wars dann leider mit dem schönen Asphalt…
Latvija! Immerhin schon Land Nummer 8
Die ersten beiden Kirchen gleich nach der Grenze in Lettland

Auch allgemein war der erste Eindruck von Lettland eher mittelmässig. Diese Strassen und die baufälligen Kirchen und Ruinen. Wo bin ich denn da gelandet 😉 Wenn man aber das Bruttoinlandsprodukt von Litauen und Lettland vergleicht, die sind fast identisch! Ist doch wieder einmal eher Zufall.

Nächster Meilenstein um 1.4km verpasst. Man beachte 8.2°!

Ich fuhr bis Vitini. Dort wollte ich in eine Unterkunft, welche Andi 2 Tage vorher schon besuchte. Die Frau konnte nur lettisch und russisch und das Zimmer konnte man nicht abschliessen und Handyempfang war in etwa so gut wie in der hintersten Ecke vom Sensegraben. Ne, so nicht, weiter. Das Wetter war mittlerweile ziemlich gut und ich ging in Auce einkaufen und suchte mir ein wild camp. Prognosen für die Nacht und für den nächsten Tag waren zwar nicht so toll, war mir zu diesem Zeitpunkt aber egal.

Yes, hier fährt man noch Golf II! Immerhin bereits 28 Jahre her, seit der letzte von der Stange ging

Kurz nach Auche fand ich ein Plätzchen und liess mich nieder. Immerhin war es bereits 21 Uhr obwohl ich nur 54km gefahren bin! Bevor ich das Zelt aufbaute, kam ein Auto herangefahren. Ups, kein gutes Zeichen, der wollte zu mir! Der Fahrer erzählte mir das sie hier jagen gehen und ich fragte ob ich denn verschieben soll? Sie verneinten und sagten mir, dass sie in die andere Richtung schiessen würden. Na das ist doch beruhigend. Später wollte der Jäger noch ein Selfie machen mit mir und dem Zelt, konnte nicht glauben dass sie je jemand in „seinem“ Jagdgebiet verirren würde.

Apfel-Baum-Camp
lettische Jäger in meinem Campgebbiet, oder ich in ihrem Jagdgebiet, je nach Betrachtungswinkel

Übrigens sind es jetzt bereits 50 Tage und schon über 3’000km! Vermeintlich die Hälfte meiner Reise. Jedenfalls von den Tagen her, von den Kilometer eher nicht, glaube nicht dass ich nochmals 3’000km machen werde. Mal sehen.

21.7.2020 Mažeikiai LT (Tag 49, 2’984km)

61.45km, 234hm, 3:29h, schön, extrem rückenwindig, 19°

Nach der nassen Nacht blieb der Morgen trocken und ich wartete geduldig bis alles trocken war. Danach fuhr ich weiter dem See entlang auf den durchwegs asphaltierten Velowegen. Ich fuhr an mindestens 10 Campingplätze vorbei und fast alle waren leer! Ist aber ein absoluter Hotspot mit Campingplätzen, ansonsten doch eher dünn gesät, ausser an den Küsten, da gibt es immer überall Plätze.

Auch sehr schöner Campingplatz und weit und breit keine Menschenseele
another sand hell

Danach ging es kurz über ein paar sandige Wege zurück auf die Strasse. Hier war ich sehr froh war der Weg nur relativ kurz, denn wenn es selbst zum Schieben mühsam wird… Danach fuhr alles auf breiten, kaum befahrenen Strassen mit viel Rückenwind Richtung Mažeikiai.

In Mažeikiai hatte ich mir vorgänging ein Hotel ausgesucht. Aber es war erst 16 Uhr und das Wetter sah ziemlich gut aus, auch wenn es für den nächsten Morgen ziemlich Regen gemeldet hat. Egal, das letzte wild camp ist schon eine Ewigkeit her und ist bereits die letzte Gelegenheit in Litauen nochmals draussen zu schlafen. Also ging ich einkaufen und weiter gings.

Super moderne Fussgänger-Zug-Überführung
peace

Bereits nach ca. 3km ausserhalb Mažeikiai bog ich direkt von der Hauptstrasse in einen kaum sichtbaren Feldweg hinein und fand ein entsprechendes Camp nach gut 100m. Ist eigentlich immer extrem einfach ein Camp zu finden bei dem du völlig für dich alleine bist. Bisher begegnete ich ausser ein paar Pilzsammlern nie irgendwelchen Leuten bei meinen Camps. Easy.

Extrem guter Windschutz…
…und sehr weicher Boden

Tja, das wars dann schon fast von Litauen, am nächsten Tag geht es bereits nach Lettland! Und schon wieder komplett andere Sprache…

20.7.2020 Beržoras LT (Tag 48, 2’923km)

60.69km, 374hm, 3:51h, schön, schwül, heiss und rückenwind, 30°

Ich checkte im Hostel in Palanga erst gegen 12 Uhr aus und ging dann zuerst einkaufen. Deshalb war es bereits halb eins bevor ich losfur. Puh, die Hitze und Luftfeuchtigkeit macht ganz schön zu schaffen. An einer Überquerung der Schnellstrasse traf ich einen spanischen Autostöpler und wir quatschten eine Viertelstunde mitten auf der kleinen Insel. Er ist bereits seit einem halben Jahr unterwegs und verbrachte 3 Monate in Österreich während dem Lockdown. War eine nette kleine Unterhaltung.

Spanischer Paradiesvogel
Das ist mal ne richtige Mühle!

An diesem Tag ist bis Plateliai geplant, Naturschutzgebiet mit vielen Seen und vielen Campingplätzen. Sind ca. 60km mit 3-400hm, also relativ easy Etappe. Vor mir am Horizont wurde es immer dunkler. Da ich aber Rückenwind hatte und hinter mir stahlblauer Himmer war, hatte ich keine Angst vor schlechtem Wetter. Musste nur schauen, dass ich nicht zu schnell fuhr, denn ich kam immer näher an das Gewitter heran. Dies verdeutlichte sich auch an den zunehmend nasser werdenden Strassen.

wie gemalen!
highway to hell
hmm, wollte weiterfahren, aber zum Glück war da ein Schild

Bisher habe ich noch gar nicht gross über Litauen gesprochen, obwohl ich schon eine Woche hier bin. Was ganz klar auffällt, ist das hier viel mehr Leute englisch sprechen. Praktisch in jedem Restaurant, auf jedem Camping und jedem Hotel sprechen sie englisch! Hier kann man sich ganz klar besser verständigen als in Polen. Aber auch litauisch ist äusserst schwierig, schon nur zu sagen, dass man kein litauisch spricht (aš nekalbu lietuviškai) ist ein Zungenbrecher und mit Wörtern bespickt, die man sich einfach nicht merken kann. Da man sich mit englisch aber besser durchsetzten konnte, lernte ich nicht mal die gängigsten Floskeln. Bei Guten Tag (laba diena) und Danke (ačiū, gesprochen aatschu) hörte es bereits auf mit meinem Latein.

Die Litauer sind auch ein wenig scheu, kaum jemand spricht mich jeweils an. Möglicherweise liegt es mittlerweile auch mit meinem Aussehen zusammen, mit diesem radfahrenden, bärtigen Clochard will niemand etwas zu tun haben 😉 Aber wenn man sie mit einem überschwänglichen laba diena! grüsst, sind sie zwar überrascht, aber grüssen doch meistens auch zurück.

Übrigens haben alle drei baltischen Staaten den Euro. Litauen allerdings erst seit 2015. Lettland seit 2014 und Estland seit 2011.

Wer hätte aus dem effeff gewusst wie die litauische Fahne aussieht?

In Beržoras fand ich einen schönen Camping direkt am See. Hatte zwar kein fliessend Wasser, dafür direkten Zugang zum See. Für 6€ kannst du auch nicht allzuviel erwarten. Anstatt eine Dusche gab es einen Sprung in den See. Auch gut.

Ich ging wieder früh schlafen und in der Nacht regnete es immer wieder, aber zumindest gab es kein Gewitter.

19.7.2020 Palanga LT (Tag 47, 2’862km)

18.10km, 37hm, 1:25h, schön, 25°

Ich liess den Tag wieder einmal sehr gemächlich angehen. Ich stand aber schon bei Zeiten auf, Andi war immerhin noch da, und verliess den Camping nach alter Gewohnheit erst gegen 11 Uhr. Ich wollte bis Palanga fahren, hatte da ein Hostel gefunden, Hotel waren praktisch alle ausgebucht. Da hatte ich noch keine Ahnung was mich da erwartete.

Die letzten weisen Sprüche des alten Mannes 😉
Bird watching

Nach gut 2 Stunden kam ich bereits in Palanga an und war vollkommen überrascht einerseits von der wunderschönen Stränden, anderseits auch von der Menschenmenge. Wusste nicht, dass ich da an einem übermässig touristischen Ort angekommen bin. Ich lief mit dem Velo zuerst mal den langen Steg entlang, welcher ins Meer hinausragt und man sah kilometerweit nur volle Strände. Scheint die Goldküste Litauens zu sein.

fast wie in Rimini, ganz Litauen scheint hier zu sein
netter Steg

Da es erst gegen zwei war, liess ich mich in einem Restaurant nieder und bestellte gleich mal eine litauische Spezialität, Cepelinai. Mit Hackfleisch gefüllte Kartoffelklösse mit Sauerrahm. Auch das war überaus schmackhaft. Gegen 16 Uhr checkte ich dann im Hostel Symbiosis ein.

Cepelinai (Zeppeline) – litauische Spezialität

Abends ging ich dann nochmals Richtung Strand, in der Hoffnung etwas weniger Leute anzutreffen. Klappte nicht ganz, denn zu diesem Zeitpunkt war gerade Sonnenuntergang und die Leute tümmelten immer noch in Scharen am Beach. Auch die Hauptmeile war dermassen überfüllt und es herschte Kilbistimmung. Ursprünglich plante ich eventuell sogar zwei Nächte zu bleiben, aber an so einem Ort habe ich definitiv keinen Bock.

Sieht aus wie eine riesige Sause, ist aber ganz gewöhnlicher Sonntag Abend in Palanga

Nach einem Schlumi ging ich zurück ins Hostel und quatschte noch ein wenig mit meinem Zimmernachbar, ein Russe aus Sibirien welcher in Vilnius lebt und im August die Schweiz besucht! In sehr gebrochenem Englisch löcherte er mich noch mit Fragen über die Schweiz, war sehr amüsant…

18.7.2020 Karklė LT (Tag 46, 2’843km)

69.05km, 169hm, 5:22h, schön und warm, 25°

Wir hatten keine Lust in Nida auf dem überfüllten Camping zu frühstücken, also packten wir nach dem Aufstehen unsere sieben Sachen zusammen und fuhren ziemlich früh los. Beim nächsten Tisch mit Bank, oder beim nächsten Café solls dann Frühstück geben. Wir fuhren der Hauptstrasse Richtung Norden und nach ein paar Kilometer kam schon ein Velofahrverbot. Da die Alternativen fehlten, fuhren wir trotzdem weiter und bei einem Schild 1200m bis zum nächsten Café bogen wir ab, obwohl dies in die falsche Richtung verlief. Über einen kleinen Hügel wechselten wir dann die Küstenseite und kamen in das wunderschöne kleinen Örtchen Preila mit einem Café gleich an der Küste. Dann frühstückten wir erst mal richtig und googelten mal, wo denn da genau die Fahrradwege sind. Glücklicherweise verliefen diese genau durch diese Ortschaft. Auch die Eurovelo-Route 10 und 13 führen genau hier durch!

Endlich Fahrradweg, und was für einen!
Schöne Kieferwälder

Die Fahrradwege führten dann meist durch Wälder oder kleinen Sandhügeln nach, aber die Küste sah man kein einziges Mal mehr! Immer war minimum eine Düne dazwischen. Hatte doch gehofft dass die Wege auch direkt der Küste folgten, war aber leider nie der Fall.

Bei einem Parkplatz mit massenhaft Leute hielten wir auch an, da muss es was touristisches geben und als wir ein Kassehaus sahen, die 5€ Eintritt verlangten war für Andi klar dass dies aus Prinzip nicht bezahlt wird. Der Eintritt war für den Zutritt zu der grössten Sanddüne gedacht . Gerade jetzt habe ich auf Wikipedia gelesen, dass wir die grösste Düne verpasst haben, die ist nämlich 1km südlich von Nida! 😉 Tja, hätte man sich mal vorher bisschen mehr informieren sollen. Egal. Andi kaufte sich ein Eis und motivierte mich dazu doch zu gehen, er hätte an der Nordsee schön genügend Sanddünen gesehen. Er würde auf die Fahrräder aufpassen. Also baute ich für Andi meinen Campingstuhl auf und lief inkognito 20m hinter dem Kassehäusschen Richtung Sanddüne. Auf halbem Weg lies ich mal die Drohne steigen und machte ein paar wirklich coole Aufnahmen.

Aus 120m Höhe aufgenommen. Geil!

Auf dem Weg nach oben stand ein Wildhüter mit einer Pfeiffe im Mund der peinlichst drauf achtete dass man den abgesteckten Weg nicht überschreitete. Nicht gerade nach meinem Gusto. Ganz oben hatte man eine wunderschöne Aussicht auf die Ostküste der Halbinsel. Hat sich also allemal gelohnt.

Auf der vermeintlich grössten Düne

Nach diesem kleinen Exkurs hatten beide durst und freuten sich auf ein wohlverdientes Bierchen. Wir fuhren und fuhren, aber bis nach Smiltynė, gleich bei der Fähre, kam kein einziges Restaurant mehr. Auch ok, dann hatten wir nämlich das meiste der Tagesetappe bereits hinter uns.

Auch hier versperrt ein Hügel die Sicht auf die wunderschönen Sandstrände
Alles schön durchwegs asphaltiert

In Smiltynė gönnten wir uns ein leckeres Essen und um 18 Uhr gings mal Richtung Fähre. Diese Idee hat noch ein paar andere Touristen, denn die kurze Fähre nach Klaipėda war überfüllt. Tja, das wars schon von der Kurischen Nehrung! War ein wunderbarer Tag, wenn ich mir von den Fahrradwegen doch noch ein klein wenig mehr erhofft hätte.

Rushhour auf der Fähre

Klaipėda liessen wir links liegen uns suchten uns einen Campingplatz. Erst beim dritten hat es geklappt, die ersten zwei waren beide nicht öffentlich. Beim Camping „Dutch Cap“ befand sich auch ein edles Restaurant und wir genossen zusammen den letzten Abend. Andi wird auf direktem Weg nach Riga fahren und ich werde noch ein wenig der Küste nachfahren.

Camping „Dutch Cap“

Waren superschöne 8 Tage zusammen mit Andi und bin sehr froh habe ich ihn getroffen. Hat es doch auch sein schönes zu zweit zu fahren. Und ich konnte mich nicht satt hören an seinen unglaublichen Geschichten und tollen Humor.

17.7.2020 Nida LT (Tag 45, 2’774km)

84.14km, 112hm, 5:48h, schön, 26°

Wir hofften es bis auf die Kurische Nehrung zu schaffen an diesem Tag. Nach einem sehr leckeren Frühstück mit Spiegelei und Speck fuhren wir vor 9 Uhr los Richtung Šilutė. Wir kamen schnell vorwärts und waren bereits um halb 12 in der Stadt. Dort suchten wir das Informationscenter, da wir im Internet nicht fündig wurden und es auch etwa 4 Häfen gibt, von wo man nach Nida (Nidden) auf der Kurischen Nehrung kommt. Die nette junge Dame sagte uns dass es noch eine Fähre gibt, welche um 15:00 in Minija und um 15:15 Uhr in Uostadvaris abfährt. Super! Wir entschieden uns für das 16km entfernte Uostadvaris, was sich im Nachhinein als Fehler herausstellte.

In Uostadvaris suchten wir den Hafen und fragten mal herum, ob die Fähre denn nun auch wirklich fährt. Jemand telefonierte sogar noch und fragte nach, aber es hiess, erst am nächsten Morgen um 9 Uhr. Na toll, super Touristeninfo die uns die Nudel gegeben hat. Plan B musste her. Ich fand dann einen Campingplatz in Vente, dass ist der westlichste Zipfel vom Festland und auch von da gäbe es am nächsten Tag eine Fähre. Das Problem war nun aber, dass wir zuerst bis Šilutė zurückfahren mussten (immerhin 16km) und dann erst Richtung Vente (nochmals 25km) und wir hatten überhaupt keinen Bock dazu. Vom anderen Hafen Minija wären es nur noch 9 Kilometer bis Vente, da dies auf der richtigen Seite des Kanals liegt. Ein einheimischer hat uns dann mit seinem Boot für 20€ nach Minija gefahren, Problem gelöst. War nur eine kurze 15-minütige Überfahrt, aber wir genossen diese in vollen Zügen. Für 160€ wäre er auch gleich bis Nida gefahren, war uns aber ein bizeli zu teuer 😉

Hafen von Uostadvaris
Der Privatkahn steht schon bereit
Privattransport
Schwierige Strassenverhältnisse

In Vente gingen wir zum Campingplatz und fragten zuerst mal wie es denn aussehe mit der Fähre. Und siehe da, fährt sogar am selben Tag um 17 Uhr noch eine bis Nida! Der Campingplatz in Vente gefiel mir aber sehr gut und wäre gerne dort geblieben für die Nacht, aber Andi wollte unbedingt noch rüber. Nach kurzer Disskusion habe ich mich dann umentschieden, da wir wohl jede Gelegenheit nutzen sollten um da rüber zu kommen. Man weiss ja nicht, ob die 9 Uhr-Fähre am nächsten Tag denn auch wirklich fährt.

Endlich an der Ostsee
Fahrt auf die Kurische Nehrung

Also nahmen wir die 17 Uhr Fähre, welche pünktlich auf die Minute fuhr. An Board waren neben uns und nur noch zwei andere Gäste. Die Überfahrt dauerte gut 1.5 Stunden. In Nida angekommen, suchten wir gleich den Campingplatz auf, welcher in 2 Kilometer Entfernung lag. Und da Wochenende war, schönes Wetter und Ferienzeit, war der pumpenvoll. Wir quetschten uns irgendwo rein und gingen danach ins Restaurant lecker essen.

Italienische Verhältnisse auf dem Camping

Den ganzen nächsten Tag werden wir auf der Kurischen Nehrung verbringen und diese am Abend auch wieder verlassen. Es gibt nur in Nida einen Campingplatz und auf der ganzen Halbinsel ist zelten strickt verboten, da es sich um ein Naturschutzgebiet handelt.

16.7.2020 Pagėgiai LT (Tag 44, 2’690km)

63.13km, 175hm, 3:58h, schön und heiss mit gewitter, 28°

Wieder viele Kilometer geplant und wieder erst sehr spät los. Bei dieser Wärme müsste man sich schon früher aufraffen können, aber morgens ist es jeweils auch so gemütlich einfach bisschen sitzen zu bleiben. Geplant waren 95km bis Šilutė, welches das Eingangstor ist um auf die Kurische Nehrung zu gelangen.

(Noch) wunderbares Wetter
Häufig ziemlich leere Strassen

Bereits nach 25km brauchten wir eine Bierpause. War wohl etwas früh, aber das Wetter hat danach geschrien. Puh, immer noch 70km und es war heiss.

Hitzepause

Am Horizont brodelte sich etwas zusammen und es wurde immer düsterer. Zum Glück kamen wir bald mal ins Städtchen Pagėgiai. Wir suchten uns ein Restaurant und erst beim zweiten hatten wir Glück und war geöffnet. Kaum war das Essen bestellt, schon fing es heftig an zu regnen. Eigentlich wollten wir draussen essen unter dem Schirm, aber das Gewitter war zu heftig. Wir dachten nach 15min wäre der Spuk vorbei, hörte aber dann nicht mehr auf. Um 18 Uhr nach 1.5h warten haben wir entschieden uns in Pagėgiai niederzulassen. Wären noch 35km gewesen und ich war ziemlich froh, Motivation war weg. Andi wäre wohl gerne bis Šilutė gefahren, musste aber auch einsehen, dass es keinen Sinn macht so spät in Regenmontur noch loszufahren.

War auch bisschen glücklich in Pagėgiai gleich ein gutes, günstiges Hotel zu finden, da diese doch eher dünn gesät sind. Am nächsten Tag dann nach Šilutė und hoffen, dass noch eine Fähre fährt, denn laut Internet fahren diese nur morgens um 9 und die erwischen wir sicher nicht.

15.7.2020 Jurbarkas LT (Tag 43, 2’627km)

98.74km, 277hm, 6:05h, schön und winstill, 24°

Jeden Morgen ein paar Minuten schinden, das war mein Plan und diesmal war es bereits 10:30 Uhr bevor wir losfuhren, obwohl an diesem Tag ganze 100km geplant waren! Aber bei dem Plätzchen lässt sich gut Kaffee trinken. Zu diesem Zeitpunkt dachten wir nicht, das wir das noch schaffen könnten. Hätten natürlich auch kürzere Route geplant, aber wir fanden einfach keine guten Alternativen mit Hotels oder Campingplätze, sind dünn gesät in dieser Gegend.

So lässt sich ein Tag doch beginnen

Zum Glück waren nur die ersten ca. 20km noch etwas hügelig, danach ging es bis auf Meereshöhe runter und blieb für den Rest des Tages mehr oder weniger flach. Dafür war es deutlich wärmer und häufig meistens wolkenlos.

Hübsches litauisches Haus. Sieht schon etwas „nördlicher“ aus

Erst nach 70km(!) kamen wir das erste Mal an einem Restaurant vorbei, obwohl wir schon etliche Dörfer und Städtchen durchfuhren. Da gab es erst mal eine leckere Pizza für 4.50€. In einem Restaurant wohl bemerkt. Die Preise sind zwar höher als in Polen, ist aber noch im grünen Bereich 😉 Nach dem obligaten Bier vergingen die letzten fast 30km nur noch schleppend. Die Sonne drückte zwar, aber wir machten keine Pause mehr und fuhren die gut fast zwei Stunden einfach am Stück durch, beide wollten einfach nur so schnell wie möglich ans Ziel.

Ich nahm schön brav den Veloweg und fand DAS hier vor und Andi, wie er es gewusst hätte, fuhr der Strasse entlang
Jurbarkas mit dem Fluss Nemunas (Memel)

In Jurbarkas fanden wir wieder einen wundervollen Campingplatz auf einem riesigen Privatgrundstück. Der Sohn des Besitzers betreibt hier zum ersten Mal einen Camping. Und wieder fast die Einzigen, neben uns nur noch ein Wohnmobil mit einem deutschen Pärchen.

Wieder ein Traum-Camping (fast) ohne andere Gäste
Wusste nicht so recht was ich davon halten sollte. Stellte sich heraus dass die Kabinen in Bestellung waren, ist ganz neuer Camping und die 1. Saison

Nach kurzem Spaziergang der Memel entlang gingen wir ins StarPizza. Hörte sich ziemlich billig an und gegessen hatten wir ja schon, aber entpuppte sich allerdings als sehr gemütliches Restaurant mit Aussenterasse wo Andi mir wieder ein paar unglaubliche Geschichten aus seinem Repertoir erzählte: «Als unser Konvoi mit dem Geleitschutz und dem Hubschrauber durch die Rebellengebiete fuhren» oder «…mit einem russichen Kamaz durch Kamtschatka Braunbären beobachten war auch ganz toll».

High quality night beer shot

Und schon wieder fast 100km! Wir planen nun zusammen noch bis auf die Kurische Nehrung. Danach muss ich mal auf die Bremse treten, sonst bin ich zu früh in Riga! Ich werde mal in einem etwas gemächlicheren Tempo der Küste entlang fahren und Andi wird mal weiter ziehen Richtung Nordkapp. Der harte Hund war ja vor zwei Jahren bereits mal am Nordkapp, fuhr damals über die schwedische Seite und nun noch über die finnische Seite.

14.7.2020 Čižiškiai LT (Tag 42, 2’528km)

81.35km, 600hm, 5:41h, schön, fast windstill, 18°

Andreas genannt Andi gewöht sich langsam aber sicher auch ein wenig an meinen Rythmus und wir fuhren erst gegen 10 Uhr los in Olecko. Am Morgen sah es gefährlich nach Regen aus, blieb aber zum Glück den ganzen Tag trocken.

Nach gut 35km kamen wir nach Suwałki wo wir uns bei herrlichem Sonnenschein erst mal ein Bier gönnten. Wir kramten die letzten Zlotys zusammen und von den übrigen Kröten kauften wir noch ein paar Süssigkeiten gleich nebenan. Am Schluss blieb praktisch nichts mehr übrig, u.a. auch eine 1-Grosny-Münze, was umgerechnet ungefähr 0.25 Rappen entspricht.

Suwałki gehörte zum russischen Zarenreich und wurde dann von den Deutschen besetzt, ehe es 1919 wieder zu Polen gehörte. In dieser Gegen gibt es viele Städte die zig-fach die Nationalität änderten
Schöne einsame Strassen

Nach Suwałki ging es endlich Richtung Norden, wurde aber immer hügeliger. Auch an diesem Tag waren es wieder 600 Höhenmeter. Und kurz vor der Grenze gab es einen 150 Höhenmeter Aufstieg mit 7% Steigung, ganz schön anstrengend bei der Sonne.

Nach heftigem Aufstieg auf dem höchsten Punkt in Polen auf ca. 280 m.ü.M.
Mal eine andere Sicht auf die Dinger

Nach ein paar Kilometer kamen wir dann endlich an die litauische Grenze. Auch hier war wieder kein Schild auf der polnischen Seite wie schon an der polnisch-tschechischen Grenze.

Endlich in Lietuva!
Da suchten wir vergebens den Camping

Und nach kurzer Weiterfahrt kamen wir bereits an unserem Tagesziel an, dem Wystiter See. Die Grenze zwischen Russland und Litauen führt genau durch den See. Wir bogen aber zu früh ab und mussten uns noch durch dichtes Gebüsch durchdringen, ehe wir wieder auf der Hauptstrasse landeten. Aber kurze Zeit später fanden wir dann den Camping Victoria. Wieder fast komplett verlassener Platz, nur ein deutsches Pärchen im VW Bus waren noch da. Dies stellte sich als Glücksfall heraus, da sie uns gleich zum Abendessen einluden!

Da guckst du…
Zum Glück konnte ich noch diese Aufnahme machen, kurze Zeit später rügte mich der Platzwart. Liegt wohl an den Russen auf der anderen Seite des Sees 😉

Bei schönem Wetter gibt es einfach nichts besseres als draussen zu campen…