2.9.2020 Esneux B (Tag 92, 5’630km)

64.20km, 312hm, 4:37h, sonnig, teilweise bedeckt, 20°

Ich hatte ohne Frühstück gebucht und bestellte einfach einen Cappuchino. Die Chefin offerierte mir diesen gleich und sagte, ich soll mich doch am Buffet bedienen, Morgenessen sei vorbei und es seien noch so viele Sachen übrig. Das liess ich mir nicht zweimal sagen. Und einen Kaffee könne ich auch nochmals bestellen. Wie ich das wohl verdient habe…

Ich ging noch kurz bei der Ruine vorbei und fuhr dann weiter der Maas entlang. Maastricht habe ich nur angeschnitten und kam dann kurze Zeit später an die Grenze. Bis auf einen Markstein gab es wieder keine Indizien für eine Grenze. Scheiss offenen Grenzen 😉 Und dann war ich in Belgien.

um 1115 erbaut
Ein Foto einer Mühle darf natürlich aus Holland nicht fehlen
Grenzstein zu Belgien

Bis nach Liège folgte ich dann dem Albertkanal, welcher parallel zur Maas verläuft. Nach 40km kam ich in Liège (Lüttich) an. Komplett andere Welt! Etwas heruntergekommene Stadt, bunt gemischte Ethnien, alle maskiert auf den Strassen und man spricht französisch!

Auf einmal bemerkte ich etwas in meiner Hosentasche. Einen Schlüsselbund. Das darf doch nicht wahr sein, nicht schon wieder, das ist der Schlüsselbund vom Hotel! Und zwar nicht vom Zimmer, sondern vom Nebengebäude wo mein Fahrrad drin stand. Das gibt Theater, da war ich mir sicher. Ich rief das Hotel dann sofort an und die Frau von der Rezeption sagte mir, ich müsse den Schlüssel zurückbringen, sie hätten nur einen Satz für das Nebengebäude und heute käme bestimmt Leute, welche ihre Fahrräder auch unterstellen möchten. Ich sagte ihr, dass das nicht geht, ob ich ihn nicht trotzdem schicken könne? Kurze Zeit später war die Chefin am Apparat und sagte mir, ich könne den Schlüssel mit der Post schicken. Sie nahm es mir nicht einmal übel und sagte nur, ich hätte es ja bestimmt nicht mit Absicht gemacht. Ich googelte dann für eine Post und fand eine bpost gleich in der Nähe. Ich nahm den Schlüsselbund auseinander und klebte mit Tape alles auf ein Karton und schmiss das Zeug in ein Luftpolster-Couvert, welches ich bei der Post erhielt. Erst als mir der Pösteler das Couvert abnahm und es entsprechend frankierte, viel mir ein grosser Stein vom Herzen. Priority International. War natürlich unglücklich das ich just an dem Tag eine Landesgrenze überquerte. Hatte mich echt belastet und ich brauchte nach dem Schock zuerst mal ein Bierchen gleich gegenüber der Post.

In der ganzen Stadt herscht Maskenpflicht

Gegen 16 Uhr fuhr ich dann von Liège weiter und folgte der L’Ourthe, ein Nebenfluss der Maas, für die restliche Zeit des Tages. In Tillf ging ich nochmals einkaufen und besuchte bei herrlichem Wetter nochmals eine Gaststätte. Auch die Franzosen haben niergens kühles Bier in den Supermärkten, merde.

sogar auf solchen Wegen herrscht Maskenpflicht
bin schon wieder so weit südlich, das Palmen gedeihen

Gegen 20 Uhr überquerte ich eine Brücke und fand dann unterhalb der Brücke in einem der Tunnel ein geeignetees Nachtlager. 2 Tunnels waren für Autos, 1 für Fussgänger und Fahrräder und einer war eben unbenutzt, meiner. Für den nächsten Morgen meldete es Regen und Hotels sind dünn gesät entlang der L’Ourthe, deshalb war ich zufrieden mit der Wahl. Über die Brücke fuhren zwar im Halbstundentakt Züge, aber in der Nacht würde diese laut Fahrplan nicht fahren. Ich wartete allerdings noch ein Weilchen mit dem Aufstellen des Zelts, weil immer noch viele Autos durch die beiden anderen Tunnels fuhren, denn der Weg zum Fussballplatz führte hierdurch. Gegen halb Zehn stellte ich mein Zelt auf und hoffte wiederum auf Regen in der Nacht…

Yes! Under the Bridge

1.9.2020 Valkenburg NL (Tag 91, 5’566km)

79.87km, 273hm, 5:02h, morgen sonnig, danach bedeckt, wenig nordwind, 17°

Fuhr um 10 los bei strahlendem Sonnenschein und der Weg folgte wieder der Maas, obwohl ich diesmal den Fluss nicht häufig sah. Bin dann via Venlo, Reuver, Roermond nach Sittard gefahren.

War froh um die Sonnenstrahlen, war kühler Morgen
Maas
Netter Kreisel
Roermond
Sittard

In Sittard hatte ich genug von den schönen Velowegen und fuhr noch ein wenig freestyle über Feldwege. Und genau da entschied ich mich durch Belgien und Frankreich zu fahren, anstatt zurück nach Deutschland und dem Rhein entlang. Ich brauche noch ein wenig Berge und unkonventionelle Wege anstatt Veloautobahnen am Rhein entlang.

Wer jetzt denkt, Belgien? Die haben doch so viele Infektionen? Das war mal, mittlerweile hat die Schweiz Belgien sogar wieder überholt und Belgien ist auch nicht mehr auf der BAG-Liste. Das heisst, Leute welche aus Belgien zurück in die Schweiz kommen, müssen nicht mehr in Quarantäne.

Ich fuhr dann bis Valkenburg und checkte im Hotel Atlantis ein.

Valkenburg aan de Geul (mit Ruine Valkenburg, einzige Höhenburg der Niederlande)

Das wars dann bereits von Holland und werde Liège (Lüttich) anvisieren, dann durch die hügeligen Ardennen.

31.8.2020 Bong NL (Tag 90, 5’486km)

76.33km, 241hm, 4:54h, bedeckt, leichter wind, 17°

Da ich am Morgen noch lange auf mein Morgenessen warten musste (es wurde ins Zimmer geliefert) fuhr ich erst nach 11 Uhr los. Dies ist allerdings nur eine Ausrede, wäre sowieso nicht früher dran gewesen. Ich verliess Arnhem über den Nederrijn. Wie der Name verrät, handelt es sich um den Niederrhein, einer der Ausläufer des Rhein.

Eusebiuskerk, gotische Kirche, mit 93m grösstes Gebäude in Arnhem
Blick auf Arnhem
Das ist ein Fahrradweg wohlbemerkt
Äpfel gibt es überall zu ergattern momentan

Bald einmal kam ich nach Nijmegen, der ältesten Stadt Hollands. Ich fuhr über die Waalbrug und wie der Name verrät, überquerte ich den Fluss Waal. Waal ist der grösste Ausläufer des Rhein. Der Rhein hat so viele Ausläufer in Holland, da verliert man schnell die Übersicht. Absolut herrliche Sicht auf die ganze Stadt.

Sandstrand von Nijmegen
Vortritt vor den Autos!
Nijmegen
Nice view
Überquerung der Waal, grösster Ausläufer des Rhein

Kurz nach Nijmegen überquerte ich einen holländischen Berg. Satte 80 m.ü.M! Die höchste Erhebung auf der europäischen Niederlande ist übrigens der Vaalserberg in Limburg mit satten 322.7m.ü.M. am südlichsten Zipfel an der Grenze zu Deutschland und Belgien.

Im Verlauf des Nachmittag war ich sogar kurz wieder auf deutschem Boden, habe ich allerdings erst im Nachhinein mit Hilfe der GPS-Daten festgestellt.

Gehört ganz klar zur Kategorie „Was guckst du?“

Ich fuhr dann in der Region Limburg alles der Maas entlang, welche ziemlich nahe an der deutschen Grenze entlang geht. Dies merkt man auch an den Touristen, auch hier sehr viele Deutsche. Die Maas übrigens fliesst dann irgendwo in einen der Ausläufer des Rhein.

Maas

In Arcen ging ich mal einkaufen und suchte mir dann wieder ein wild camp. Ich fand dann ein geeigentes Plätzchen. Im Nachhinein habe ich festgestellt, dass es etwas zu nahe an der N271 lag, die hörte ich nämlich ziemlich gu. Zu gut.

Als ich im Dunkeln am Bloggen war, fuhr ein Auto die Schotterpiste entlang und hielt in meiner Nähe an. Ich habe dies zu spät realisiert und den Deckel des Laptops zu spät geschlossen. Mist, da hat mich wer wohl gesehen. Das Auto fuhr dann weiter und ich habe es wieder vergessen. Kurze Zeit später kam wieder eines von der anderen Seite und hielt wieder auf meiner Höhe an und fuhr dann mit Volllicht halb in den Wald hinein und beleuchtete mein Camp und wartete. Ich lief zum Auto und einer fragte „What are you doing?“ – „Campen! Problem?“. Nein, es wäre zwar illegal aber kein Problem. Sie seien Anwohner und es wäre nur sehr „strange“ dass hier jemand ist. Es gebe so viele „bad people“ in der Welt. Aber für die „good people“ sei es kein Problem hier zu zelten und verduftete wieder. Puh, Glück gehabt 🙂 Hätte ich beim ersten Mal besser reagiert mit dem Zuklappen des Deckels, der hätte mich nie gesehen…

30.8.2020 Arnhem NL (Tag 89, 5’410km)

65.51km, 117hm, 4:24h, am morgen nebel, ab 14 uhr regen, 13°

Am Morgen als ich aufstand, hatte es das erste Mal Nebel auf meiner Reise. Zudem war es recht kühl. Zum Glück war ich im Wald und konnte das Zelt trotz Nebel trocken zusammenpacken. Die Wetterprognosen prophezeiten Regen ab Nachmittag, deshalb machte ich wenig Pausen und der Kaffee musste vorest warten.

1. Herbstnebel
Dit willen we toch niet?! Holländisch versteht man doch das Meiste
wie ausgestorben

Ich kam durch zig Dorfer und Städtli und überall schien tote Hose. Die meisten Restaurants und Cafés hatten geschlossen. War doch Sonntag, was ist los?

Die Holländer verfügen übrigens über ein sehr cooles Fahrradnetz. Und zwar arbeiten die nicht mit Routen, sondern mit Knotenpunkten. Du merkst dir einfach die Nummern der Knotenpunkten, an denen du gerne vorbeifahren würdest und folgst den Beschilderungen. Ich sah etliche Holländer, welche sich einen Spickzettel vorne am Lenker montierten, mit den Nummern. Ich machte es ihnen gleich und schaltete Navi ab und folgte ein paar Nummern, klappte ziemlich gut.

Dann ab 14 Uhr kam der Regen und es blieb den ganzen restlichen Tag feuchtnass. Immerhin hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt 40 Kilometer hinter mir.

Fähre über die IJssel, Nebenfluss des Rheins

Ich fuhr dann gut eine Stunde im Regen und kehrte in einer Bar ein und bestellte erst mal Kaffee. Dort blieb ich dann fast 2 Stunden und amüsierte mich beim Billardspiel von ein paar betrunkenen Holländern und schaute noch ein wenig Formel 1, bis alles wieder trocken war.

Café Biljart Slijterij Het Witte Huus in Ellecom

Ich buchte dann ein Apartment in Arnhem und fragte noch nach, wie es aussieht mit dem Unterbringen des Fahrrads, da ich nur einen Code erhielt für den Schlüssel, sprich, es gab keine Rezeption. Sie verwiesen mich auf den Hauptbahnhof, da könne man ein Fahhrad 24h gratis unterbringen. Das war mir aber zu kompliziert und hiefte das Fahrrad die super steile Treppe hoch direkt ins Badezimmer des Apartments. Das war vielleicht ein Murks, Hauptbahnhof wäre wohl einfacher gewesen 😉

29.8.2020 Haaksbergen NL (Tag 88, 5’344km)

74.79km, 243hm, 5:30h, teilweise sonnig, 15°

Ich erwachte erstmals gegen 10 Uhr und fuhr dementsprechend wieder nach dem alten Fahrwasser erst nach 11 Uhr los. Wetter war ideal, aber der Wind blies wieder etwas mehr und natürlich Gegenwind, what else.

Denn kennt man noch aus „Die Lümmel von der ersten Bank“!

Kam dementsprechend eher schleppend voran. Die Motivation war auch nicht mehr diesselbe wie am Vortag. Ich kam dann erst gegen 15 Uhr an die Grenze zu Holland. Es war nur eine grüne Grenze und einzig ein Markstein und die unverständlichen Beschilderungen liessen darauf hineweisen, dass ich wohl schon in Holland bin.

N = Niederlande?!
Markanter Hineweis dass man sich nicht mehr auf deutschem Boden befindet

In Denekamp kurz nach der Grenze ging ich mal Kaffee trinken denn mein Navi zeigte keine Karten an seit ich Niedersachsen verlassen hatte. Das bereitete mir doch bisschen Sorgen, auf dem Garmin gibt es doch nur 1 Europakarte?! Irgendwo tief in den Einstellungen sah ich dann, dass nur die Nord-Ost-Europakarte aktiviert war und die Süd-West-Karte eben nicht. Puh, da viel mir echt ein Stein vom Herzen, als dann eine detailreiche Karte von Denekamp angezeigt wurde. Ohne Navi wäre ich verloren. Oder müsste dann aufs Handy umsteigen.

Dem Mais konnte ich richtiggehend zuschauen wie er gewachsen ist in den letzten Wochen
Mit Mittelstreifen!

Gegen 17 Uhr kam ich dann nach Enschede und gönnte mir bei herrlichem Wetter ein Bierchen in einer Pop-Up-Bar in der Innenstadt. Die Restaurants und Cafés in der Innenstadt waren alle pumpenvoll mit Leuten. Maskenpflicht gibt es nur in ÖV, in Restaurants nicht.

Bier scheint ok zu sein
Pop-Up Bar mit coolem Sound
Bierchen in Enschede
bisschen rostig, sonst aber ok für die Post-Apokalypse
Typisches Vorort-Viertel in Holland

In Haaksbergen ging ich ins Coop einkaufen. Schon wieder Coop, hat aber nichts mit unserem oder mit den nordischen Coop zu tun. Ich wollte unbedingt wieder mal draussen schlafen, auch wenn nicht ganz klar war, ob die Nacht trocken bleiben würde. Auch wird es deutlich kühler. Wird wohl langsam an der Zeit nach Hause zu gehen 😉

Abends und nachts wirds langsam deutlich kühler

Übrigens sind die Velowege in Holland genau so, wie man sich das doch erhoffen würde vom Fahrrad-Land Nummer 1 in Europa, wo sich unglaubliche 36% aller Leute hauptsächlich mit dem Fahrrad fortbewegen, gefolgt von Dänemark mit gerade mal 23%. Die Wege sind vom allerfeinsten Asphalt, extra breit, meist noch mit Mittelstreifen und zum Teil hat man sogar Vortritt vor kreuzenden Autos.

28.8.2020 Lingen D (Tag 87, 5’269km)

120.31km, 298hm, 7:56h, bedeck mit kurzen regengüssen, leichter gegenwind, 17°

Ich verliess das Hotel bereits vor 9 Uhr und war hoch motiviert zu fahren und fuhr bis am Mittag fast pausenlos durch. Temperatur und Wetter waren wieder ideal, wenn auch leichter Gegenwind. Ich fuhr durch Wildeshausen und Cloppenburg. Um 12 Uhr hatte ich bereits 40km, um 13 Uhr 50km. Wenn das so weitergeht…

Noch nie gesehen vorher, für jedes Hotelzimmer ein abschliessbares Fach. Sehr kühl!
Kategorie jöö, für meine jüngsten Fans 😉
Bushaltestellen sind die besten Unterschlüpfe für kurze Pausen
Cloppenburg

Um halb 4 und nach 78km war ich bereits in Löningen, dem vermeintlichen Tagesziel. Aber ich war immer noch hoch motiviert weiter zu fahren, gibt so Tage. Also ging ich in ein Café und schrieb noch ein paar Postkarten, welche ich zig Wochen vorher in Polen gekauft habe. Die Briefmarken dazu kaufte ich in Hamburg und da ich schon sehr nahe an die Grenze zu Holland kam, war ich gezwungen diese endlich auch zu schreiben und abzuschicken.

Kaffee- und Postkartenpause

Vor Haselünne nach genau 100km checkte ich nochmals das Wetter, wollte eigentlich wild campen. Aber dann sahen die Prognosen doch wieder eher düster aus für den Abend und die Nacht. Fand dann eine geeignete Bleibe, diese befand sich aber nochmals 20km weiter. War mir aber egal, denn das Fahren war so easy an dem Tag, hätte noch ewigs weiterfahren können.

In Lingen fand ich ein Zimmer eines Privatanbieters. War eine 6.5-Zimmer-Wohnung umgebaut als „Hotel“ mit 5 Zimmern mit Gemeinschafsbad. Bei immer mehr Unterkünften gibt es auch keine Rezeption mehr, nur Schlüsselboxen und Kontakt nur via SMS oder Telefon. War auch bei diesem hier so, klappte aber alles wunderbar. Und dann begann es auch gleich zu regnen.

Ohne zu übertreiben, das war ein easy 120erli und das noch bei leichtem Gegenwind den ganzen Tag. Tja, etwas Kondition ist da wohl schon zusammengekommen die letzten Wochen und Monate 😉

27.8.2020 Stuhr D (Tag 86, 5’149km)

72.51km, 233hm, 5:04h, bedeckt, kürze regengüsse, wenig gegenwind, 16°

Bereits am Vorabend bekam ich einen Gutschein fürs Frühstück, denn dieses gab es bei der Bäckerei gleich gegenüber. Solche Zusammenarbeiten finde ich super sinnvoll. Bäckerei hat sowieso offen und Hotel müsste extra Frühstück zubereiten für die paar Gäste.

Hotel Restaurant Mylos in Sittensen
Super Morgenessen in der Bäckerei

War wieder ein sehr angenehmer Tag zum Fahrradfahren. Nur sehr kurze Regengüsse, Gegenwind war erträglich und ideale Temperatur zum Fahren. Es ging auch den ganzen Tag nur Velowegen entlang, wenn auch häufig gleich neben der Hauptstrasse. Aber die Wege gingen auch durch Wälder und entlang kleinen Flüssen. Via Zeven, Tarmstedt, Grasberg und Lilienthal kam ich dann nach Bremen. Bremen habe ich allerdings nur angeschnitten, fand keine geeignete Unterkunft. Wollte wieder drinnen schlafen, das Wetter ist einfach zu unbeständig diese Tage.

Geil!
Bei dem Wetter ist Kaffee viel höher im Kurs als Bier

Ich überquerte dann die Weser und der Weg folgte noch ein wenig der Weser und dem Werdersee bis ich Bremen schon wieder verliess und ein Hotel in Stuhr, ein Vorort von Bremen, aufsuchte.

Bremen
Schöner Radweg entlang dem Werdersee
Weser-Stadion (für die Fussballbanausen: Stadion von Werder Bremen)

Das Hotel eröffnete erst diese Woche und das merkte man. War noch eine halbe Baustelle und ich konnte meine Store nicht runterlassen. Zudem klappte die automatische Zahlung nicht bei Booking. Aber ich verzieh es ihnen, wegen Corona gab es extreme Verzögerungen, die wollten schon seit Monaten eröffnen. Und die Store war überhaupt kein Problem, ich schlief wie ein Stein.

War wieder ein ziemlich normaler „Arbeitstag“ im Bundesland Niedersachsen und der Weg führt mich weiter nach Südwesten Richtung Holland.

26.8.2020 Sittensen D (Tag 85, 5’077km)

59.18km, 298hm, 4:46h, sturm und regen, 12°

Wie jeden Morgen ging es zuerst wieder in die Bäckerei „Junge“, wo kurze Zeit später Peter und Fiete auch noch zu uns stiessen.

Allmorgentliches Ritual mit Peter und Fiete
Die Bäckerei „Junge“

Gegen 11 Uhr verabschiedete ich mich von Andi. Das war definitiv nicht das letzte Mal dass wir uns gesehen haben, da bin ich mir sicher. Das waren unglaublich coole Tage in Hamburg zusammen mit Andi. Danke dir nochmals, alter Mann! 😉 Dieser Spruch gibt zwar wieder einen Eintrag in Andis Schwarzbuch, aber was solls…

Dann galt es ernst, ich fuhr weiter, obwohl die Prognosen nicht schlechter hätten sein können. Sturmtief „Kirsten“ wütete über Deutschland an diesem Tag. Aber ich wollte trotzdem fahren, plante aber eine etwas kürzere Strecke.

Gab schon bessere Prognosen

Nach ein paar Kilometer durch die Stadt kam ich an den Hafen zum Linienschiff um die Elbe zu überqueren. Ich erwischte nicht die Fähre, welche mein Navi plante, war mir aber egal, hauptsache über die Elbe. Zu diesem Zeitpunkt war der Regen und Wind noch einigermassen erträglich.

Fähre über die Elbe

Nach dem Neuprogrammieren der Route fuhr ich südwestlich Richtung Bremen. Dann schüttete es immer heftiger und auch der Wind nahm stetig zu. Natürlich kam der Wind aus Südwesten. Allerdings habe ich mich auf noch stärkeren Wind eingestellt.

Irgendwo unterwegs kreuzte ich einen anderen Tourenfahrer in kurzer Hose und Flipflops auf einem Fahrrad mit geschätzten 20 Zoll Reifen und er riet mir davon ab, auf dieser Strecke weiterzufahren. Er hätte ca. 1km schieben müssen, da mühsamer Pflastersteinweg. Mein Fahrrad bekundete keinerlei Probleme über die Pflastersteine. Der sollte sich besser mal ein anständiges Fahrrad zulegen.

Aber diesmal war ich bis auf die Knochen durchnässt. Bei diesem starken Regen ist es nur eine Frage der Zeit bis man selbst mit der besten Regenmontur komplett durchnässt wird. Ich fuhr praktisch ohne Pausen, war zu kalt um einfach stehen zu bleiben und eine grössere Pause kam nicht in Frage, viel zu mühsam mit Kleider wechseln und so.

Kurz nach 17 Uhr kam ich beim geplanten Hotel Mylos in Sittensen an. Glücklicherweise verfügte das Hotel auch noch über ein griechisches Restaurant wo ich mich nach einer herrlichen Dusche verköstigte. Wie bei den Griechen üblich, gab es auch noch gleich ein Ouzo.

Souvlaki, lecker Schweinsfilet-Spiesschen mit Zaziki

Das war regentechnisch der übelste Tag bisher und toppte selbst den Regen in Wien und in Ulm. Glücklicherweise blies der Wind aber nicht ganz so heftig, ursprünglich meldete es Orkanböen, welche dann aber ausblieben, denn das Zentrum des Tiefs befand sich südlicher.

25.8.2020 Hamburg D (Tag 84)

Ich entschied mich noch einen Tag länger zu bleiben, da jeden Dienstag Abend der Grillabend mit seinen Jungs stattfindet und den dürfe ich mir auf keinen Fall entgehen lassen.

Morgens ging es erstmal in die Bäckerei „Junge“ zum Frühstücken. Eines der Stammlokale von Andi, wo wir auch auf Reinhard, Fiete und Peter trafen und ein paar nette Schwätzchen abhielten.

Bäckerei „Junge“
Reinhard ist grosser „Stiller Has“-Fan, Peter ist Ex-Kampfjetpilot, und Fiete? Was macht eigentlich Fiete?

Nachher ging es direkt zu Fuss auf Sightseeing-Tour. Rotherbaum liegt sehr zentral und die Innenstadt ist rasch zu erreichen. Fast zu jedem Gebäude wusste Andi so Einiges zu erzählen. Es scheint als würde er niemals etwas vergessen. Besserer Touri-Führer ist schwierig zu finden.

Binnenalster
Hamburger Rathaus
Telemichel (Heinrich-Hertz-Turm)
Flanierwetter
Vor dem Eingang seiner Wohnung

Übrigens könnte Andi locker ein Museum eröffnen. Er sammelt so einiges an Gegenstände aus der ganzen Welt. Seine Lieblings-Sammelobjekte sind Masken jenster Art, aber auch Bilder, Figuren, Schatulen und vieles mehr.

Er könnte ein Museum eröffnen

Am späteren Nachmittag fuhren wir dann mit dem Velo zum Schrebergarten von Freudi zum Grillen. Dieser Abend findet anscheinend jeden Dienstag statt, ob Sommer oder Winter! Freudi drückte mir zuerst mal eine Kubanische in die Finger und reparierte dann die Aufhängung des Lowriders von meinem Fahrrad. Toller Service!

War ein super netter Abend mit Freudi, Gortschi, Hilli, Krebsi, Achim und natürlich Andi. Was hätte ich alles verpasst, hätte ich einen Bogen um Hamburg gemacht. Die Batterien sind auf jeden Fall wieder voll aufgeladen und ich bin topmotiviert weiterzufahren, auch wenn die Wetterprognosen doch arg schlecht waren mit dem heranbrausendem Sturmtief „Kirsten“.

24.8.2020 Hamburg D (Tag 83, 5’017km)

17.10km, 68hm, 1:26h, teilweise regen, 15°

Ich verliess das Hotel erst gegen 11 Uhr und plante noch eine Route durch die Stadt, bevor ich zu Andi nach Rotherbaum ging. Die Route führte durch den Elbtunnel, dann entlang dem endlos grossen Hafen und über die Elbbrücke wieder zurück in die Stadt.

Auch im Elbtunnel herscht Maskenpflicht
Elbphilharmonie im Hintergrund
Neue Elbbrücke
Kurze Zeit später regnete es ziemlich stark

Bei strömendem Regen kam ich dann um 15 Uhr bei Andi in der Altbauwohnung an. Er lebt seit 43 Jahren in diesem 1907 gebauten Haus im Gebiet Rotherbaum. Die Gegend ist sehr belebt und von zahlreichen Restaurants und Cafés umgeben. Zur Begrüssung gab es natürlich zuerst mal ein Bierchen.

…sein Typ wird schon wieder verlangt…

Den restlichen Tag verbrachten wir mit Café-Besuch, Antarktis-Fotoshow und mit Nachtessen in einem naheliegenden Thai-Restaurant.

Aus der Antarktis-Expedition
Der Mann kann fast alles

Wirklich toll klappte dies mit dem Besuch doch noch. Ich musste in seinem Schlafzimmer übernachten und der alte Mann begnügte sich mit dem Sofa. Er meinte, dass eine Klage sinnlos wäre, den gegen einen ehemaligen Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei ist jeder Widerstand zwecklos.